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Kommen wir zum Aufbau des Studiums:
Zunächst ein allgemeiner Ablaufplan. Die Abläufe der einzelnen Semester können sich von Uni zu Uni unterscheiden, aber das ist jetzt noch nicht so wichtig
1.Vorklinik:
(entspricht Grundstudium) (=4 Semerster Regelstudienzeit): zu belegende Kurse: Biologie, Chemie, Physik, Psychosoziale Grundlagen, Berufsfelderkundung, Anatomie (Aufbau des Menschen: Muskeln, Gefäße usw.), Physiologie
(Regelkreisläufe im gesunden Körper), Biochemie, Seminar Anatomie, Histologie
(Zellaufbau des Körpers, Gewebelehre), Seminar Biochemie, Einführung in die klinische Medizin.
Patienten wirst du jedoch kaum einen sehen (von einigen
Modellstudiengängen mal abgesehen). Das Grundstudium ist ein Studium der Naturwissenschaften! Grundstudium eben.
Jeder dieser Kurse ist eine scheinpflichtige Veranstaltung. Das heißt nach erfolgreichem Bestehen
bekommt man einen sog “Schein” in die Hand gedrückt. Die Gesamtheit aller geforderten Scheine sind die Vorraussetzung für die Anmeldung zum “Physikum” (siehe dort).
Die Bedingungen für das Bestehen und den Erhalt eines
jeweiligen Scheins sind von Uni zu Uni und von Fach zu Fach unterschiedlich und haben sehr starke Streubreiten der Anforderungen. Grundsätzlich solltest Du Dich mit dem Gedanken an Klausuren anfreunden, die im
Multiple-Choice-Verfahren geschrieben werden. Und das ist nicht so einfach wie es klingt, da in den Fragen sehr in die Details gegangen wird und meistens alle Antwortmöglichkeiten sehr verlockend klingen. Und denk jetzt nicht “ach
das wird schon”. Vor Dir haben schon tausende und abertausende Menschen Medizin studiert und da waren auch tausende von Leuten dabei, die genau solche Schlauköpfe waren, wie Du einer bist.Und von denen sind etliche
durchgefallen und haben in vielen Fällen ihr Studium in den Sand gesetzt.
Der neuste Schrei sind “Eingangsklausuren”. Das heißt, Du mußt eine Klausur bestehen um am Kurs teilnehmen zu dürfen. Verzockt ? Pech gehabt -
nächstes Semester gerne wieder (bzw. manchmal auch nicht). Unfair ? Nein - die ganz normale “Vorklinik-Schikane”.
Die Medizinstudenten unterscheiden “große” und “kleine” Scheine - entsprechend dem Lernaufwand. Große Scheine
sind: Anatomie, Histologie, Biochemie, Physiologie.
Kleine Scheine umfassen den Rest der oben genannten, aber die Gesamtheit der kleinen Scheine kosten ebenfalls viel Schweiß, Blut und Energie.
Die Großen Scheine sind
jeder für sich ein “Brett”. Stelle Dich darauf ein, für jeden einzelnen der großen so viel wie für Dein ganzes Abi lernen zu müssen. Nein - das ist kein dummes Geschwafel ! Der größte Fehler, den Du im Studium machen wirst ist ein
Fach zu unterschätzen. Glaube mir, Du wirst an diese Zeilen zurückdenken, wenn Du vor der Biochemie-Klausur stehst.
Ach ja: Dein akademischer Titel in der Zeit des Grundstudiums ist “stud.med.” In der vorlesungsfreien Zeit
(in anderen Studienfächern heißt das “Semesterferien”) mußt Du bis zum Physikum einmal ein 8-wöchiges Praktikum der Krankpflege ableisten.
Ja richtig gelesen -”Krankenpflege”: Nix Arzt - sondern Bettpfannen schieben.
Schließlich sollst Du auch mal “die andere Seite” kennen lernen. Es wird Dir sicher nicht schaden, den Betrieb Krankenhaus “von der Pike auf” kennen zu lernen.
8 Wochen einmal in 4 Semestern ? Natürlich ist das nicht
viel, aber Dich als motivierten und fleißigen Studenten, stört so ein dummes Praktikum schon, denn schließlich willst und mußt du Dich ja für das nächste Semester, respektive die Eingangsklausuren vorbereiten.
Außerdem mußt
Du einen Erste-Hilfe-Kurs in der vorlesungsfreien Zeit absolvieren - und zwar den richtigen Erste-Hilfe-Kurs und nicht blos die “Lebensrettenden Sofortmaßnahmen”. Es wäre schließlich mehr als peinlich, wenn Du nach dem Physikum
(s.u.) zwar die Formel von -sagen wir mal- “Carbamoylphosphat” richtig zeichnen kannst (und das wirst Du können, inklusive der exakten Anordnung der “chemisch funktionellen Gruppen”) , aber nicht weißt was zu tun ist, wenn Dein
Nachbar einen Herzanfall bekommt.
2. Physikum (entspricht Vordiplom): erste ganz große Hürde. Hier sind schon Generationen von hoffnungsvollen Talenten und Schlaubergern wie Du einer bist gescheitert. An
sinnlosen Fragen, ob z.B. die OH-Gruppe am Molekül xy rechts oder links steht und warum sie deshalb anderes abgebaut wird als die entsprechend andere OH-Gruppe. Klar: Natürlich ist das wichtig. Aber bei ca. 300 Molekülen die Du im
Kopf hast, deren Namen Du kennst, deren Formeln Du aufzeichnen kannst (remember: “Carbamoylphosphat”) und die Dich in den letzten 8 Wochen der intensivsten Vorbereitung sogar in Deinen Träumen begleitet haben, kann man in einer
Prüfungssituation schon mal den Überblick verlieren. Ach ja: Und das ist nur Biochemie. Von den hunderten der menschlichen Muskeln, Sehnen, Knochen wollen wir mal gar nicht reden. (Wo kommt der Muskel her ? wo zieht er hin ?
welcher Nerv und welches Gefäß versorgt ihn ?, was ist also seine Funktion ?). Zu dem Thema zentrales Nervensystem und Eingeweide sage ich nun mal wirklich nichts. Dazu noch Physiologie (hunderte von Kurven, dutzende von
Formeln, tausende Zusammenhänge die man begriffen (!) und nicht blos auswendig gelernt haben muss, und noch manches mehr.
Um am Physikum teilnehmen zu dürfen mußt Du alle Scheine der Vorklinik in der Tasche und das
Krankenpflegepraktikum durchbüßt haben. Mit anderen Worten: Fehlt Dir nur ein einziger Schein (aus welchen Gründen auch immer) ist erstmal Essig mit weiterstudieren.
Erst Scheine haben - dann Physikum und erst dann geht es weiter. Schau Dir jetzt oben nochmal die Fächer an, und denk nochmal an den Spruch mit dem Abi.
Zusammenfassend: In zwei Tagen werden schriftlich im
Multiple-Choice-Verfahren alle Fächer der Vorklinik (jawohl alle Fächer) abgefragt. Man kann es schaffen, natürlich. Aber es gehört viel Energie, viel Leidensfähigkeit, ein sehr gutes Zeitmanagement und viel persönliche Stärke
dazu, es bis hierher zu schaffen. Und noch viel mehr von alledem um durch das Physikum zu kommen.
Apros pos Zeitmanagement: Jetzt weiß Du auch, warum Ärzte so eine schlimme Schrift haben: Keine Zeit !
Nach dem
schriflichen Physikum werden Dir 10 Tage gegönnt, in denen Du Dich dann auf Deine mündliche Prüfung vorbereiten kannst. Du wirst in 2 “großen” Fächern geprüft werden. Und damit es schön spannend wird, in welchem der
“Bretter-Fächer” Du geprüft wirst, bekommst Du die Fächer-Auswahl erst ca. 10 Tage vor der mündlichen Prüfung genannt. (Biochemie war nicht so ganz Dein Fach ? - Shit happens !)
Schließlich wirst Du das Gefühl haben, barfuß
durch die Hölle gegangen zu sein und wirst für die Camel-Trophy nur ein müdes Lächeln übrig haben. Wenn Du es nicht geschafft hast (keine Schande !) hast Du noch 2 Versuche (im jeweils nächstem Semester). Dein Tagesablauf des
nächsten halben Jahres wird also von diesen insgesammt 3 Prüfungstagen abhängen (2 schriftlich, 1 mündlich). Schlimm muss aber wohl der psychische Druck sein zu wissen, daß man nur noch 2 oder gar 1 Versuch hat, der dann klappen
muß sonst war alles bis hierhin umsonst (Drama!).
Wenn Du es geschafft hast, wirst Du mit dem unheimlich guten Gefühl belohnt werden es geschafft zu haben.....
.....und darfst Dir ein computergedrucktes Zeugnis an die Wand tackern. Dann wirst Du dazu gehören: In den erlauchten Kreis der Kliniker. Du wirst mitleidig aber auch ein bischen hochmütig auf diejenigen zurück blicken die
es nicht nicht geschafft haben und stolz-geschwellter Brust in den nächsten Studienabschnitt eintreten: Der 1. klinische Abschnitt
Alles klar ? Ok !
Hier geht es weiter
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